Schweigerecht im Steuerrecht ?
08.10.2007
Erst der Umweg über das europäische Recht bringt die Lösung
Was völlig normal im Strafrecht klingt, ist im
Steuerrecht keine anerkannte Regel. Im Gegenteil : die Steuerbehörden haben das
ausdrückliche Recht, den Steuerpflichtigen zu befragen und dieser ist
verpflichtet zu antworten. Er hat also keine Wahl wie bei der Vernehmung im
Strafrecht.
Es kann aber durchaus sein, dass Strafrecht
und Steuerrecht ineinander greifen. Welche Regel ist in diesem Fall ausschlaggebend?
Im nationalen Recht kommt uns keine Rechtsnorm
zur Hilfe. Man muss schon auf die europäische Menschenrechtskonvention zurückgreifen,
um einen Rechtstext zu finden, der das Aussageverweigerungsrecht im Steuerrecht
begründen kann.
Art. 6 der EU-Menschenrechtskonvention besagt nichts über das Schweigerecht, sondern garantiert jedem ein faires Gerichtsverfahren. Doch zu einem gerechten Verfahren gehört auch, dass der Beschuldigte sich nicht selbst belasten muss und die Aussage verweigern darf.
Der Menschenrechtsgerichthof in Straßburg hat bereits mehrmals geurteilt, dass diese Regeln auch auf Steuerverfahren anwendbar sind. Somit kann über den Umweg des europäischen Rechts die interne steuerrechtliche Auskunftsverpflichtung ausgehebelt werden, wenn dem Steuerpflichtigen droht, sich selbst belasten zu müssen.