Zians-Haas Rechtsanwälte

Neues belgisches Scheidungsrecht : Zerrüttungsscheidung

07.09.2007

Ab dem 1.9.2007 gilt ein neues Scheidungsrecht in Belgien, mit dem die Zerrüttungsscheidung die Schuldscheidung ablöst.

Bislang galt im belgischen Scheidungsrecht noch das Prinzip der Schuldscheidung. Wenn es nicht zu einer einvernehmlichen Scheidung kommen konnte, musste eine "Schuld" des anderen Ehepartners nachgewiesen werden. Da lediglich der "schuldige" Ehepartner unterhaltspflichtig war, führte dies oft zu langen, aufwändigen und zermürbenden "Prozedurschlachten".

Der Gesetzgeber wollte das Scheidungsverfahren vereinfachen und vor allen Dingen die Schuldfrage aus dem Scheidungsrecht verbannen.

Das neue Gesetz ist zum 1.9.2007 in Kraft getreten und wird zu einer wesentlichen Vereinfachung und Beschleunigung der Scheidungsverfahren führen.

1. Prinzip der Zerrüttungsscheidung

Die Zerrüttungsscheidung kann unter den folgenden Bedingungen erfolgen :

- Wenn beide Eheleute die Scheidung gemeinsam beantragen und schon beim Einleiten des Verfahrens seit mindestens 6 Monaten getrennt leben, erfolgt die Scheidung unmittelbar.

- Liegt noch keine Trennung von mindestens 6 Monaten vor, müssen die Eheleute ihre Scheidungsabsicht zwei Mal bei Gericht bestätigen. Einmal bei der Einleitung des Verfahrens und das zweite Mal drei Monate später. Konkret bedeutet dies, dass eine derartige Scheidung nicht unbedingt eine sechsmonatige Trennung vor dem Scheidungsurteil voraussetzt.

- Wenn die Zerrüttungsscheidung von einem Ehepartner alleine beantragt wird, muss dieser die Zerrüttung beweisen. Liegt jedoch schon eine Trennung von mindestens einem Jahr vor, braucht lediglich die Dauer der Trennung nachgewiesen werden.

Die "Schuldfrage" taucht jedoch im Unterhaltsrecht wieder auf. Der Ehepartner, der durch sein Verhalten, die Fortsetzung des gemeinsamen Ehelebens unmöglich gemacht hat, verliert den Anspruch auf Unterhaltszahlungen. Es ist somit zu befürchten, dass auf dieser Ebene die altbekannten "Rosenkriege" wieder geführt werden könnten...

In diesem Zusammenhang gibt es einige wichtige Änderungen zu erwähnen :

- In der Regel wird die Alimentenverpflichtung auf die Dauer der Ehe beschränkt. Ein Gericht hat jedoch die Möglichkeit, die Alimentenverpflichtung zu verkürzen oder z.B. stufenweise herabzusetzen. In außergewöhnlichen Fällen kann ein Gericht die Alimentenverpflichtung verlängern (z.B. Ehedauer : 3 Jahre - zwei Kinder, ...).

- Der Alimentenschuldner kann die monatlichen Unterhaltszahlungen durch die Auszahlung eines Kapitals ersetzen lassen. Hierzu ist die Zustimmung des Gerichts erforderlich.

- Der Unterhaltsanspruch verfällt bei der Wiederheirat oder bei einer Erklärung zum gesetzlichen Zusammenleben. Auch wenn es ein bloßes Zusammenleben ("wilde Ehe") gibt, kann ein Gericht den Unterhaltsanspruch aberkennen.

2. Einverständliche Scheidungen

Auch bei der einverständlichen Scheidung gibt es einige Neuerungen : 

- Wenn die Eheleute beim ersten Erscheinen vor Gericht bereits seit mindestens 6 Monaten getrennt leben, ist es nicht mehr erforderlich, drei Monate später nochmals die Scheidungsabsicht zu bestätigen.

- Es ist auch nicht mehr erforderlich, mindestens zwei Jahre verheiratet zu sein oder das Mindestalter von 20 Jahren erreicht zu haben.

- Wenn die einverständliche Scheidung nicht zu Ende geführt wird, weil ein Ehepartner nicht zum zweiten Termin erscheint, hatte die Scheidungsvereinbarung bislang keinerlei Verbindlichkeit.  Nunmehr wird das Gericht auf Antrag eines Ehepartners diese Vereinbarungen vorläufig für verbindlich erklären können.

-  Eine Alimentenregelung bei einer einverständlichen Scheidung kann nunmehr vom Gericht abgeändert werden, es sei denn, dass die Parteien dies ausdrücklich ausschließen würden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig darauf zu verweisen, dass bei einer einverständlichen Scheidung definitiv auf Alimentenansprüche verzichtet werden kann, was bei einer Zerrüttungsscheidung nicht möglich ist.

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