Zians-Haas Rechtsanwälte

Flugverspätungen: Der Europäische Gerichtshof weitet Entschädigungsregeln für Fluggäste aus

30.09.2015

Der Europäische Gerichtshof hat durch ein Urteil vom 17. September 2015 die Entschädigungsrechte der Flugreisenden nochmals gestärkt. In der Tat steht laut diesem Urteil den Flugreisenden eine Entschädigung zu, auch wenn der Flug wegen unerwarteter technischer Probleme verspätet ist.

In dem Verfahren hatte die Fluggesellschaft angegeben, dass an der Maschine mehrere Teile defekt gewesen seien. Diese Teile hätten erst noch geliefert werden müssen und die Verspätung sei somit auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen. Dieser Argumentation wurde nicht gefolgt.

An dieser Stelle sei daran erinnert, dass aufgrund einer europäischen Verordnung die Flugreisenden unter folgenden Bedingungen Anrecht auf Entschädigung haben:

Artikel 7 der europäischen Verordnung gibt bezüglich des Anrechtes auf Entschädigung folgende Beträge an:

a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger, wenn die Verspätung mindestens 2 Stunden beträgt

b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km, wenn die Verspätung mehr als 3 Stunden beträgt.

c) 600 EUR bei allen anderen Flügen, wenn die Verspätung mehr als 4 Stunden beträgt.

Eine Entschädigungszahlung entfällt, wenn die Fluggesellschaft nachweist, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist und diese sich nicht hätten vermeiden lassen können. Zu diesen außergewöhnlichen gehören zum Beispiel politische Instabilität, schlechte Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken oder unerwartete Flugsicherheitsmängel.

Bezüglich technischer Probleme urteilte der europäische Gerichtshof nun folgendes:

„Da jedoch der Betrieb von Flugzeugen unausweichlich technische Probleme mit sich bringt, sehen sich Luftfahrtunternehmen im Rahmen ihrer Tätigkeit gewöhnlich solchen Problemen gegenüber. Im Hinblick hierauf können technische Probleme, die sich bei der Wartung von Flugzeugen zeigen oder infolge einer unterbliebenen Wartung auftreten, als solche keine „außergewöhnlichen Umstände“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004 darstellen.“

Somit werden gewöhnliche technische Probleme nicht als außergewöhnliche Umstände gewertet, die eine Ausgleichszahlung ausschließen würden.

Ein Hintertürchen ließ der Gerichtshof allerdings offen, insofern folgendes hinzugefügt wurde:

„Dennoch können bestimmte technische Probleme zu diesen außergewöhnlichen Umständen zählen. So verhielte es sich u. a. dann, wenn der Hersteller der Maschinen, aus denen die Flotte des betroffenen Luftfahrtunternehmens besteht, oder eine zuständige Behörde entdeckte, dass diese bereits in Betrieb genommenen Maschinen einen versteckten Fabrikationsfehler aufweisen, der die Flugsicherheit beeinträchtigt. Gleiches würde bei durch Sabotageakte oder terroristische Handlungen verursachten Schäden an den Flugzeugen gelten.“

Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass in verschiedenen Ländern verschiedene Verjährungsfristen zur Einforderung der Entschädigung gelten. Der Abflugort definiert in der Regel die Zuständigkeit des Gerichts.

Wir raten Ihnen jedenfalls, bestenfalls unmittelbar nach der Heimkehr die Entschädigung einzufordern…

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