Funding-Loss Rechtsprechung springt Kreditnehmern zur Seite
20.12.2017Bei vorzeitiger Rückzahlung eines Bankdarlehens werden viele Unternehmen oft konfrontiert mit einer sogenannten Funding-Loss-Entschädigung, auch Vorfälligkeitsentschädigung genannt.
Diese vertragliche Entschädigung dient als Entschädigung der Bank für verlorene, zukünftige Zinsen und für Verwaltungskosten. Es kommt vor, dass diese Entschädigung höher ausfällt als die Zinsen, die bis zum Ende der Kreditlaufzeit hätten gezahlt werden müssen.
Für Kredite an KMU, die nach dem 10.01.2014 abgeschlossen wurden, ist der Gesetzgeber schon interveniert und hat die Entschädigung gedeckelt auf die Zinsen von maximal 6 Monaten.
Für Kredite, die nicht von dieser Gesetzgebung betroffen sind, könnte man auf Artikel 1907bis des Zivilgesetzbuches zurückgreifen. Dieser Artikel sieht vor, dass bei der vollständigen oder teilweisen Rückzahlung eines verzinslichen Darlehens vom Schuldner über das zurückgezahlte Kapital und die fälligen Zinsen hinaus auf keinen Fall eine Vorfälligkeitsentschädigung gefordert werden kann, die mehr als sechs Monate Zinsen, berechnet auf die zu dem in der Vereinbarung festgelegten Zinssatz zurückgezahlte Summe, beträgt.
Dieser Artikel betrifft also ein verzinsliches Darlehen, d.h. ein Vertrag bei dem der Kreditgeber dem Kreditnehmer die Summe einmal auszahlt und der Kreditnehmer diese Summe in monatlichen Raten zurückzahlt. .
Das verzinsliche Darlehen ist somit zu unterscheiden von Kontokorrentkrediten, bei denen die Gelder nur in der Form ausgezahlt werden, wie sie vom Kreditnehmer für notwendig sind, dies gegen Zahlung von Zinsen.
Die Banken wollten natürlich Artikel 1907bis des Zivilgesetzbuches möglichst umgehen und verpackten gewöhnliche verzinsliche Darlehen in manchen Fällen als Kontokorrentkredit.
Über eine Umqualifizierung in ein verzinsliches Darlehen gibt es allerdings bereits Rechtsprechung. Diese Umqualifizierung ist möglich, wenn der Kreditnehmer zum Beispiel wenig konkrete Freiheiten hat, die Gelder aufzunehmen oder nicht frei entscheiden kann, für welche Zwecke er das Geld gebrauchen darf.
Eine andere Möglichkeit, die die Banken sahen um Artikel 1907bis zu umgehen, bestand darin, dass die Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung vertragliche ausgeschlossen wird. So konnten die Banken, wenn der Kreditnehmer dennoch frühzeitig zurückzahlen wollte, dies verweigern oder zum Beispiel dies nur unter der Bedingung akzeptieren, dass der Kreditnehmer eine „Vertragsbruchentschädigung“, also keine Vorfälligkeitsentschädigung im Sinne von Artikel 1907bis, zahlt
Der Kassationshof hat aber bereits im November 2016 entschieden, dass Artikel 1907bis des Zivilgesetzbuches selbst dann anzuwenden ist, wenn der Kreditvertrag eine vorzeitige Rückzahlung ausschließt.
Inzwischen wurde die Rechtsprechung ausgedehnt, sodass Artikel 1907bis immer anzuwenden ist, wenn die Bank bei vorzeitiger Rückzahlung eines verzinslichen Darlehens eine Entschädigung fordert.
Die Rechtsprechung schränkt die Banken in ihren Forderungsmöglichkeiten einer höheren Entschädigung ein. Nichtsdestotrotz muss man stets konkret überprüfen, ob diese Rechtsprechung anzuwenden ist, da sie keinen allgemeinen Charakter hat. Man muss also stets prüfen, ob der Vertrag als verzinsliches Darlehen qualifiziert werden kann.