Neue Berufungsfristen im Strafrecht
12.06.2019Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass die jetzige Regelung bezüglich der Berufungsfristen im Strafverfahren die Verteidigungsrechte des Angeklagten missachtet.
Bekanntlich beträgt in einem Strafverfahren die Berufungsfrist für den Angeklagten 30 Tage nach Verkündung des Urteils. Die Staatsanwaltschaft verfügt über 10 weitere Tage, um Berufung einzulegen. Der Grund dieser Zusatzfrist ist logisch: Man möchte vermeiden, dass die Angeklagten systematisch am letzten Tag der Berufungsfrist Berufung einlegen und somit der Staatsanwaltschaft keine Möglichkeit geben, der Berufung noch zu folgen. Durch die 10 Zusatztage kann die Staatsanwaltschaft dann immer noch auf die Berufung des Angeklagten reagieren.
Durch die jüngsten Gesetzesänderungen müssen Staatsanwaltschaft und Angeklagte aber auch Ihre Berufung begründen. Sie können die Berufung auch auf gewisse Beschuldigungen oder Strafen begrenzen.
Problematisch ist jedoch, wenn die Staatsanwaltschaft Berufung einlegt und die Berufung auf einen Teil der Beschuldigungen begrenzt. In diesem Fall stand dem Angeklagten bisher keine Zusatzfrist zu, um der Berufung zu folgen oder auf die Berufung der Staatsanwaltschaft zu reagieren.
Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 06.06.2019 entschieden, dass dies die Verteidigungsrechte des Angeklagten auf unverhältnismäßige Weise verletzt. Der Gesetzgeber wird somit aufgefordert, dem Angeklagten eine zusätzliche Berufungsfrist zu gewähren, wenn die Staatsanwaltschaft zwischen dem 20. und 30. Tag der Berufungsfrist Berufung einlegt. Diese Zusatzfrist soll laut Verfassungsgerichtshof 10 Tage seit der Berufung der Staatsanwaltschaft betragen.
In der Zwischenzeit werden die Gerichte dem Entscheid des Verfassungsgerichtshofes folgen müssen.