Zians-Haas Rechtsanwälte

Nachbarschaftsstreit: präventive Maßnahmen als Innovation des neuen ZGB

02.04.2021

Zu laute Partys, der kläffende Hund, der Müll im Treppenhaus, der ständige Zigarettenrauch, ein morscher Baum an der Grundstücksgrenze, …
Die Gründe für einen Zwist am Gartenzaun sind vielfältig.

Viele Streitigkeiten lassen sich jedoch gütlich regeln. Schließlich möchten wir uns das Leben nicht unnötig schwer machen. Das Verhältnis zu den Leuten von nebenan soll nicht vollkommen zerbrechen.

In manchen Fällen hingegen, ist ein gerichtliches Verfahren unvermeidbar. 

Das neue Zivilgesetzbuch widmet den Nachbarschaftsverhältnissen einen ganz eigenen Titel (Buch 3, Titel 5). Bislang war die sogenannte „Theorie der Nachbarschaftsstörungen“ nur in der Rechtsprechung vertreten. Mit der Reform wird diese nun gesetzlich verankert.

Der Grundgedanke ist, dass jeder Nachbar ein gewisses Gleichgewicht wahren muss.

Um auf der Grundlage dieser Theorie gegen seinen Nachbarn vorzugehen, muss Folgendes nachgewiesen werden:

- Eine abnormale Nachbarschaftsstörung: Der Richter berücksichtigt die konkreten Umstände des Falles (Zeitpunkt, Häufigkeit und Intensität) und wägt ab, ob die Störung einen exzessiven Charakter hat.

- Das Verschulden des Nachbarn: Die Störung muss dem jeweiligen Nachbarn zugeordnet werden können.

Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, ordnet der Richter geeignete Maßnahmen an, um das Gleichgewicht wiederherzustellen.

 

Zudem beinhaltet das neue Zivilgesetzbuch eine wesentliche Neuerung, die am 01.09.2021 in Kraft treten wird: die Möglichkeit präventiv gegen den Nachbarn vorzugehen.

Dieses präventive Rechtsmittel ermöglicht es dem Nachbarn zu handeln, bevor die Störung eintrifft. Er kann dem Problem vorbeugen.

Jedoch muss der Kläger "ernsthafte und offensichtliche Risiken in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit oder Verschmutzung"* nachweisen. Hier denken wir beispielsweise an ein Gebäudeteil, das droht einzustürzen, eine Stützmauer, die gefährlich schwächelt … In diesen Fällen sollte man nicht warten, bis die Störung eintrifft.

Allerdings muss die Angst vor einem Risiko / einer Gefahr natürlich objektiviert werden. Eine simple Befürchtung reicht nicht aus.

Der Kläger muss eine objektive Gefahr nachweisen, beispielsweise durch ein technisches Gutachten.
Andernfalls wird die Klage als unzulässig abgewiesen. 

 

* freie Übersetzung des Artikels 3.102 neues ZGB

 

 

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