Zians-Haas Rechtsanwälte

Strengere Gewährleistungspflichten für Online-Shops ab 1. Juni 2022!

22.09.2022

Die europäischen Verbraucherschutzregeln haben sich an die neuen Herausforderungen im Online-Handel angepasst.
Wenn sich Ihr Webshop an Verbraucher richtet, müssen Sie ab dem 1. Juni 2022 wichtige neue Rechtsvorschriften berücksichtigen.
Wir fassen die wichtigsten Änderungen für Sie kurz zusammen.

 I.                       Garantie auch auf Dienstleistungen

Bisher mussten Sie als Verkäufer nur bei Verbrauchsgütern (z. B. Mobiltelefone, Staubsauger, Möbel, Kleidung usw.) eine gesetzliche Garantie von 2 Jahren gewähren. Für Dienstleistungen und digitale "Waren" bestand jedoch keine gesetzliche Gewährleistungspflicht.

Dies wird sich ab dem 1. Juni ändern:

1. Künftig gilt auch für "Waren mit digitalen Elementen" eine gesetzliche Gewährleistungspflicht

Was soll das bedeuten? Nehmen wir an, Sie verkaufen ein Tablet mit einem dazugehörigen Betriebssystem und Standardanwendungen. Bisher mussten Sie nur eine 2-jährige Garantie auf das Tablet selbst gewähren. Von nun an gilt dies auch für die "digitalen Elemente", die dazugehören, einschließlich des Betriebssystems und der dazugehörigen Standardanwendungen. Diese erweiterte Garantie gilt jedoch nur für "digitale Elemente", die im Erstkauf enthalten sind, also nicht für Software, die später separat erworben wird. Neben Tablets gelten die neuen Regeln natürlich auch für andere digitale Produkte wie Smartwatches, Smartphones, Hausautomatisierung, Smart-TVs, Laptops, GPS usw.

2. Künftig unterliegen auch "digitale Dienste oder Inhalte" einer gesetzlichen Gewährleistungspflicht

Digitale Dienste sind z. B. Video-on-Demand, Streaming-Dienste, Cloud-Speicherdienste, ...

Digitale Inhalte wiederum beziehen sich z. B. auf Computerprogramme, Apps, Video-, Musik- und Audiodateien, E-Books, ...

Beide fallen ab dem 1. Juni unter die gesetzliche Garantiepflicht.

Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass diese neuen Garantievorschriften auch für kostenlose Dienste oder kostenlose digitale Inhalte gelten.

II.                     Anbieter müssen Aktualisierungen bereitstellen

Als Verkäufer sind Sie nun auch verpflichtet, entsprechende Updates für die von Ihnen verkaufte oder kostenlos abgegebene Software oder Inhalte bereitzustellen.  Dies gilt sowohl für eigenständige Software oder Inhalte als auch für Software, die Teil eines Hardware-Geräts ist (das Betriebssystem unseres Tablets im obigen Beispiel). Denn als Verkäufer müssen Sie sicherstellen, dass die digitalen Elemente der von Ihnen verkauften Waren oder Dienstleistungen während der Garantiezeit weiterhin ordnungsgemäß funktionieren.

Als Verkäufer müssen Sie auch den Verbraucher über sein Recht auf diese Aktualisierungen informieren. Sie können dies anhand Ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen tun.

III.                   Der Kunde hat immer Recht: gesetzliche Vermutung der Gewährleistungspflicht

Die neue Regelung ändert nichts an der Mindestlaufzeit der gesetzlichen Garantie, die weiterhin 2 Jahre beträgt.  Eine wichtige Neuerung ist jedoch, dass jeder Mangel während dieser zwei Jahre - vorbehaltlich des Gegenbeweises - als von der Garantie abgedeckt gilt.  Dies ist ein großer Unterschied zu früher.  Zuvor war diese Vermutung auf 6 Monate beschränkt.  Ab dem sechsten Monat mussten die Verbraucher nachweisen können, dass sie die Waren nicht missbräuchlich verwendet haben.  Dieser Nachweis ist für die Verbraucher fast unmöglich zu erbringen. Deshalb gibt es jetzt einen Ausweg: Wenn ein Produkt innerhalb der ersten zwei Jahre nach dem Kauf kaputt geht, gilt es automatisch als Garantiefall, sofern Sie als Verkäufer nicht das Gegenteil beweisen können.

IV.                  Gewährleistung für Gebrauchtwaren: Strengere Informationspflicht

Für Gebrauchtwaren galt in Belgien bereits eine kürzere Gewährleistungsfrist von 1 Jahr.  Dies bleibt auch weiterhin der Fall, aber von nun an verlangt das Gesetz, dass der Verkäufer den Verbraucher ausdrücklich auf diese kürzere Frist hinweist. Tun Sie dies unbedingt, denn wenn Sie den Verbraucher nicht korrekt informieren, verlängert sich die Garantiezeit trotzdem auf 2 Jahre.

 

V.                    Kommerzielle Garantie

Neben der gesetzlichen Garantie können Sie auch zusätzliche oder ergänzende Garantien leisten. So können Sie beispielsweise die Garantiezeit auf drei oder vier Jahre verlängern, bestimmte Dienstleistungen in die Garantie einbeziehen, zusätzliche Entschädigungen im Schadensfall vorsehen oder die Garantie auf B2B-Beziehungen statt nur auf B2C-Beziehungen ausweiten. Solche "kommerziellen Garantien" sind eine völlig freiwillige und kommerzielle Entscheidung von Ihnen als Verkäufer.

 

Die neuen Vorschriften treten am 1. Juni 2022 in Kraft.  Als Online-Verkäufer müssten Sie somit Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Informationen auf Ihrer Website aktualisieren. 

 

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